Eingangsworte zur Ausstellung „Schaffensvielfalt“ von Jürgen Wind:
Die ersten Kontakte mit der Kunst knüpfte er 1954 als Achtjähriger in seiner Geburtsstadt Flensburg bei einem Atelierbesuch seines Nachbarn, dem Kunstmaler Alexander Kolde. Der ehemalige Schüler von Lovis Corinth, der in den Vorkriegsjahren als einer der progressivsten und bekanntesten Künstler Ostpreußens galt, gab ihm den Pinsel in die Hand und ließ ihn sein erstes Bild mit Künstlerölfarbe auf einen abgetrennten Buchrücken malen. Zur Ansicht stellt präsentiert er es auf der Ausstellungseröffnung.
Angeregt durch den Kunstunterricht am Alten Gymnasium bei dem Kunsterzieher, Maler und späteren Kunstprofessor Erich Mansen nahm er dann 1966 – neben seiner Ausbildung zum Polizeibeamten – Unterricht bei dem Kunstmaler Oscar Kehr-Steiner in der Schlosskunstschule Eutin. In seiner Unterkunft der Bereitschaftspolizeiabteilung für Aus- und Fortbildung durfte er sich auf dem Boden ein Atelier einrichten. Im Mai 1969 erhielt er das erste Mal die Gelegenheit im Kreishaus seiner Geburtsstadt Flensburg, sich mit einer Ausstellung seiner Arbeiten in der Öffentlichkeit zu präsentieren. In einer Pressmitteilung im Flensburger Tageblatt zu seiner Ausstellung erhielt er die u. a. nachfolgend kritischen Anmerkungen:
„Vergessen Sie Emil Nolde, lieber Herr Wind, denn Nachahmer hat der große Mann schon genug. Vermeiden Sie auch Abstraktionen, das kann bloße Spielerei sein! Meiden Sie auch wegen Ihrer kalten Farben plakatartig wirkende Konstruktionen. Die „Fischerboote am Strand“ gehören zwar auch in diese Gruppe, aber diese Bild zeugt davon, dass Sie ungelenk wirkende Krassheiten nicht nötig haben! Sehen Sie zu, dass Sie zu ganz eigenen Auffassungen hinfinden, was natürlich für einen Laienmaler nicht leicht ist!
Das Ureigene dürfte Ihnen gelingen, wenn Sie das Ölkreidebild „Flensburg“ mit seinen warmen Farben und seiner ausgezeichneten Komposition selber als Ihre bisher beste Arbeit erkennen würden! Allein schon wegen dieser Arbeit sollte man sich Ihre Ausstellung ansehen.“
Dieses Bild, liebe Kunstfreunde, kann er Ihnen bzw. Euch leider nicht in der heutigen Ausstellung präsentieren, da es schon seit vielen Jahren im Wohnzimmer seines Sohnes drüben in Teaneck, nahe New York City, hängt. Eine andere Arbeit aus dieser Schaffensperiode ,„Der Clown“, aus dem Jahr 1968, hat er stattdessen in seine heutige Präsentation mit eingebunden, um das breite Spektrum seines künstlerischen Werdegangs zu dokumentieren.
Da er in den Folgejahren vorrangig beruflich, familiär und ehrenamtlich gefordert war, blieb ihm viele Jahre wenig Zeit sich seiner Passion der Malerei zuzuwenden. Zu malen begann er erst wieder 1989, nachdem er eine Malwoche zusammen mit dem Maler Gerd Kirsch auf der Insel Fehmarn verbringen durfte.
Endlich, im Jahre 2006, konnte er sich mit Eintritt in die Pensionszeit und Einrichtung eines Ateliers hier in Schleswig in Friedrichsberg ganz seiner Leidenschaft der Malerei zuwenden. Ein Jahr zuvor trat er dem Kunstverein Schleswig und Umgebung e. V. als Mitglied bei und wurde im Jahr 2008 im Rahmen der Mitgliederversammlung zum Vorsitzenden gewählt. In einer darauffolgenden mehr als 14 Jahren andauernden Tätigkeit als Vorsitzender in seiner Kunstgemeinschaft hat er 47 Ausstellungen seiner Mitglieder organisiert und kuratiert. seine eigenen Arbeiten durfte er in diesem Zeitfenster in einer Vielzahl von Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentieren.
Verehrte Anwesende, ob er nun nach einer ca.15jährigen intensiven Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der Kunst seine ihm eigene Auffassung gefunden hat, weiß er selbst nicht so genau. Er ist sich auch nicht sicher, ob er das überhaupt will.
Er gibt aber zu verstehen, dass er sich einige Jahre vorrangig mit der gegenständlichen Malerei auseinandergesetzt hat. Dabei genoss er das Gefühl, einen Gegenstand, ein Lebewesen oder eine Landschaft möglichst exakt wiedergeben zu können, wie die Natur es ihm vorgab.
Im Zuge der Fortentwicklung seiner kreativen Persönlichkeit merkte er bald, dass ihm diese Art des Malens nicht mehr ausreicht. Zunehmend verspürte der den Drang, mehr Gefühl, mehr Individualität, ja einfach mehr aus sich herauszulassen. Auf diese Weise reifte die Malerei für ihn mehr und zu einem Ventil seiner mentalen Empfindungen heran.
So richtet er heute seinen Fokus vor dem eigentlichen Arbeitsprozess zunächst auf sein Bauchgefühl und seine momentane Stimmungslage. Daraus ergibt sich für ihn die Frage nach dem Bildaufbau, der Technik und dem Format. Erst dann arbeitet er zügig und meist ohne Vorzeichnung gleich auf dem hierfür geeigneten Maluntergrund.
Der Charakter des Bildes bestimmt dabei die weitere Ausarbeitung unter der Prämisse: Arbeite ich spontan „alla prima“ oder verwende ich vielschichtige Lasuren und ergänze diese durch Übermalungen und Collagen? Schlussendlich ergibt sich das eine aus dem anderen, denn, wie er behauptet, kann er nur selten voraussagen, wohin die Reise geht. Oft geht er auch einfach nur auf Entdeckungsreise und lässt sich überraschen.